Aktuelles über die Wasser- und Abwasserbescheide

Unser Antrag auf Verzicht der Betragsbescheide für die nächste Gemeindevertretersitzung am Montag, den 31.10.2022


CDU-Fraktion
in der Gemeindevertretung Vöhl             Vöhl, 05. Oktober 2022

An den Vorsitzenden der Gemeindevertretung Vöhl
Herrn Bernd Backhaus
Schlossstr. 1
34516 Vöhl

Betr.: Verzicht auf Beitragsbescheide für Investitionen in Wasser- und Abwasserprojekte

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

die CDU-Fraktion stellt hiermit fristgerecht den nachfolgenden Antrag für die Sitzung der Gemeindevertretung am 31. Oktober 2022.

Der Beschlussvorschlag lautet:
Die Gemeindevertretung fordert den Gemeindevorstand auf, von der Zustellung der angekündigten Beitragsbescheide für Investitionen in Wasser- und Abwasserprojekte im Zeitraum 2002 bis 2022 abzusehen sowie den Gesamtvorgang verwaltungsseitig und haushaltskonform zum Abschluss zu bringen.

Begründung:

1.) Bürgermeister Kalhöfer hat offiziell u.a. in der Bürgerzeitung am 07. Januar 2021 über die Hintergründe und die Rechtsgrundlagen zum Thema „Erhebung von Erneuerungsbeiträgen für Wasser und Abwasser“ informiert. Dabei hat er eine Gesamtinvestitionssumme von ca. 8 Mio. Euro genannt. Gemäß einer Entscheidung der Gemeindevertretung aus dem Jahre 2005 sollen für die Investitionen Beiträge erhoben werden und keine Gebühren. Für die betroffenen Grundstückseigentümer sei es „sicherlich schwer zu verstehen, dass im Jahre 2022 ein Bauprogramm abgeschlossen werden soll, dass bereits im Jahre 2005 beschlossen wurde.“ Die zurecht gestellte Frage in dem Informationsschreiben „warum wird erst jetzt nach mehr als 16 Jahren abgerechnet?“, ist bis heute unbeantwortet.

2.) Im Haushaltsplan 2022 wird auf Seite 15 bei „Wasserbeitrag“ und auf Seite 16 bei „Abwasserbeitrag“ jeweils ein „Bauprogramm 2005 bis 2021“ erwähnt. Der Begriff „Bauprogramm“ wurde erstmalig im Haushalt 2021 aufgeführt.
Trotz intensiver Recherche konnte bisher kein Nachweis – auch nicht verwaltungsseitig – erbracht werden, dass die Gemeindevertretung jemals einen Beschluss gefasst hat, den Anfang und das Ende sowie die Inhalte eines derartigen Bauprogramms verbindlich festzulegen. Eine nachträglich angefertigte Aufstellung von ca. 80 einzelnen Bauprojekten ist kein Ersatz für ein gebilligtes Bauprogramm.

3.) Die Wasserversorgungssatzung vom 24. Januar 2005 regelte in den § 19 und 20 die Beitragspflicht. In § 23 wird der Verwaltung das Recht eingeräumt, mit Vorausleistungen das Schaffen, Erweitern und Erneuern der Wasserversorgungsanlage zu finanzieren. Diese Maßnahme wurde bezüglich der Vorausleistungen nicht umgesetzt und somit die Satzung nicht voll umfänglich angewendet.

4.) Die Entwässerungssatzung vom 24. Januar 2005 regelte in den §§ 16 und 17 die Anwendung der Beitragspflicht. In § 20 war festgelegt, dass die Gemeinde „Vorausleistungen“ bereits in dem Jahr verlangen kann, „in dem mit dem Schaffen, Erweitern oder Erneuern der Abwasseranlagen begonnen wird.“ Diese Maßnahme wurde bezüglich der Vorausleistungen nicht umgesetzt und somit die Satzung nicht voll umfänglich angewendet.

5.) In der jetzt gültigen Wasserversorgungssatzung vom 05.10.2020 wird in § 13 Absatz 1 ein „Wasserbeitrag“ festgelegt. Dieser Beitrag gilt für die Herstellung, die Erweiterung und Erneuerung der Wasserversorgungsanlagen. Gemäß § 20 entsteht dadurch eine Beitragspflicht. Gemäß § 23 kann die Gemeinde für Wasserbeiträge „Vorausleistungen“ verlangen. Dies wäre eine satzungskonforme und nachvollziehbare Amtshandlung gewesen, die nicht angewendet wurde.

6.) In der jetzt gültigen Entwässerungssatzung vom 05.10.2020 wird zur Deckung des Aufwands für Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Erneuerung der Abwasseranlagen gemäß § 16 Absatz 1 ein Abwasserbeitrag verlangt. Analog zum Wasserbeitrag können auch gemäß § 20 für den Abwasserbeitrag Vorausleistungen von der Gemeinde gefordert werden. Dies wäre eine satzungskonforme und nachvollziehbare Amtshandlung gewesen, die nicht angewendet wurde.

7.) Die CDU-Fraktion hat im Oktober 2021 an den Gemeindevorstand folgende Frage gestellt: Wie wurden die Aufwendungen für die Investitionen in Wasser bzw. Abwasser in all den Jahren, die das angebliche Bauprogramm umfassen, finanziert? Durch bestehende Kredite, durch neue Kredite oder mit liquiden Mitteln? Die Antwort des Gemeindevorstandes lautete: „Im Rahmen des Gesamtdeckungsprinzips werden alle Maßnahmen des früheren Vermögenshaushaltes und des jetzigen Investitionshaushaltes durch Kredite gedeckt, wenn sie nicht durch Zuschüsse oder andere Einnahmen finanziert werden können. Das gilt auch für die Maßnahmen in den Bereichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung. Die Kredite werden nicht einzelnen Maßnahmen zugeordnet.“ Mit dieser Antwort wird amtlicherseits festgestellt, dass die Aufwendungen für die Investitionen bereits durch die Bürger in den jährlichen Haushalten (z.B. Tilgung und Zins) erbracht worden sind. Demzufolge wären nach Auffassung der CDU-Fraktion die beabsichtigten Beitragsbescheide in der Praxis nichts anderes als eine erneute finanzielle Inanspruchnahme.

8.) Im Leitfaden des Hessischen Städte- und Gemeindebundes wird auf den Seiten 34 und 35 der Unterschied zwischen Gebühren und Beiträgen verständlich erläutert. Da die Gemeinde Vöhl sich in 2005 und in 2020 mit der Billigung der entsprechenden Satzungen für die Beitragserhebung entschieden hat, erweckt folgende Formulierung des HSGB zur Finanzierung durch Beiträge die Aufmerksamkeit. „Zeitnahe Finanzierung der Investitionskosten (z.B. durch Erhebung von Vorausleistungen)“.

9.) Der Beschlussantrag ist insbesondere auch hinsichtlich der rechtlichen Frage zu prüfen, ob unabhängig von der Verjährungsfrage, die beabsichtigten Beitragsbescheide zulässig sind. Denn es wurden Kredite aufgenommen und auf zulässige Vorausleistungen bis heute verzichtet. Dazu gilt es folgendes festzustellen: Rechtsanwalt Rösch hat am 27.03.2017 ausführlich in einer Sitzung der Gemeindevertretung zur „Beitragssatzkalkulation für Entwässerungseinrichtungen/Wasserversorgungseinrichtungen“ vorgetragen. Demnach ist die Erhebung von Beiträgen zulässig, wenn sie auf der Grundlage einer Kalkulation erfolgt. (RA Rösch wies auf § 11 (1) des Hess. KAG hin). Bedeutsam für den Beschlussvorschlag ist folgende Feststellung von ihm: Gemäß § 93 (3) der HGO darf die Gemeinde Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre. Fazit: Mit Bescheiden für Vorausleistungen hätte die Verwaltung auf Kredite verzichten können bzw. verzichten müssen.

10.) Sofern erforderlich werden weitere Begründungen mündlich vorgetragen.


Mit freundlichen Grüßen

Gertmann Sude

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